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- Kulturvergleichende
Architektursoziologie / soziologische Theorie des Materiellen, vegleichende Methodologie und vergleichende Gesellschaftsanalyse.
- DFG-gefördertes Projekt
Ausführlichere
Projektvorstellung:
Basis des Projektes ist die theoretische Fassung von Gesellschaft oder
Kollektiv als „imaginär instituierten“ (Castoriadis) Einheiten und Identitäten
– die gerade daher kulturell konstituiert sind. Nur imaginär mit sich identisch
und nur imaginär eine Einheit, ist jede Gesellschaft oder jedes Kollektiv
symbolisch oder kulturell konstituiert: in nichtsprachlichen wie sprachlichen
Bedeutungssystemen, unter ihnen Architekturen.
Erforscht werden einander inverse
architektonische Kulturen in der Frage, wie in diesen das Kollektiv eine
Gestalt erhält, Körper und Blicke geformt werden – invers sind diese
Architekturen in der Art des Bezugs der Einzelnen auf den Boden, in deren
Verungleichung, in der Sichtbarkeit von Geschichte, im Bezug von Natur und
Kultur, usw. In diesen Hinsichten wird die urbane architektonische Kultur der
westlichen Moderne als Fall einer urban konzentrierten, Zentrum und Peripherie
trennenden architektonischen Kultur (als idealtypischer Fall von „Gesellschaften
der Städte“) verglichen mit: der architektonischen Kultur der Tuareg sowie der mongolischen
Nomaden (für „Gesellschaften der Zelte“); der architektonischen Kultur der
Achuar und der Shuar in Peru und Ecuador (für einen „residentiellen Atomismus“,
Ph. Descola 1986); sowie der Han-chinesische Baukultur Yao dong – eine Architektur
der Eingrabung in den Boden (für „sociétés à maisons creusées“, J.-P. Loubes
1988). Dieser synchrone Vergleich folgt der Methode und Methodologie der
(post-)strukturalen Anthropologie – dem Versuch, „so wenig Ethnozentrist wie
möglich“ zu sein (Ph. Descola über Cl. Lévi-Strauss). Von diesem synchronen
Vergleich werden (insbesondere in künftigen, kooperativen Forschungsprojekten) historische
und aktuelle Transformationen untersucht: Es geht um die jeweiligen Effekte
architektonischer Politiken, v.a. um die Transformationen kollektiven Lebens
durch koloniale und neokoloniale Architekturen. Im Import europäische
Architektur und Infrastruktur, von Materialien, Entwurfsweisen und Formen, in
der Veränderung der materiellen Gestalt und der Räume werden die Kollektive
andere – das gilt für die massive Urbanisierung Zentralchinas seit den 1980ern,
für die Politik der Ansiedlung der mongolischen Nomaden, für die territoriale
Beschränkung der Bewegungen der Tuareg oder für die An- und Umsiedlung der
Shuar durch Missionare. Deutlich wird hier erneut die Bedeutung und Brisanz von
Architekturen für kollektives Leben
Publikationen
Theorieperspektive und Methodologie:
Delitz, Heike (2010a): Gebaute Gesellschaft. Architektur als Medium des Sozialen, Frankfurt/M., New York: Campus
(2018a) Architectural Modes of Collective Existence: Architectural Sociology as a Comparative Social Theory, Cultural Sociology 12: 1, 37-57
Vergleichende Fallstudien:
Gesellschaften
der Städte und Gesellschaften der Zelte. Zur politischen Effektivität der Architektur,
in:
Ernst Seidl (Hg.), Politische Raumtypen. Zur Wirkungsmacht
öffentlicher Bau- und Stadtstrukturen im 20. Jahrhundert,
Göttingen 2009, 15-34
»Die
zweite Haut des Nomaden«. Zur sozialen Effektivität
nicht-moderner Architekturen, in: Peter Trebsche/Nils
Müller-Scheeßel/Sabine Reinhold (Hg.), Der gebaute Raum. Bausteine einer Architektursoziologie
vormoderner Gesellschaften, Münster 2010, 83-106
Parasitäre Strategien der De-Konstruktion. Eine architektursoziologische Skizze, dérive. Zeitschrift für Stadtforschung N° 38 (2010): 1, 28-32
Editorial: Rekonstruktion und Dekonstruktion. Soziologische Analysen des
aktuellen Städtebaus, dérive. Zeitschrift
für Stadtforschung N° 38 (2010): 1, 5-6
Genäht oder gegraben,
ephemer oder in die Erde versenkt. Divergente architektonische Modi der
kollektiven Existenz, Zeitschrift für Medien- und Kulturforschung 6 (2015), 27-43
Yao Dong
(窑洞): Die sich eingrabende
Architektur und Gesellschaft in Zentralchina, in: O. Berli/J.
Reuter (Hg.), Dinge befremden. Essays zu materieller Kultur, Wiesbaden 2016, 35-44
Divergente
Architekturen, divergente Affektkulturen. Architektonische Modi der
kollektiven Existenz, kritische berichte 2/2016, 73-85
Architektonische Modi der kollektiven Existenz, in: Blickpunkt Archäologie 2018: 2
(mit Felix Levenson): The Social Meaning of Big Architecture, or the
Sociology of the Monumental, in: Felix Levenson et al., eds., Size
Matters - Extra-Large Projects in the Ancient World, Bielefeld 2019
Divergente architektonische Modi der kollektiven Existenz -
divergente subalterne Räume und Subjekte, Forum Kritische Archäologie 2019
Architectures: Institutions and transformations of collective lives, in: socio.hu. Social Science Review 4 / 2020
Architekturen der Gemeinschaft? Architectures of Community? (dt. und engl. Fassung) GAM 16: gewohnt un/common. Grazer Architekturmagazin 2020, 70-85 Architektonische Modi politischer Existenz, in: Julia Schwanholz/Patrick Theiner (Hg.), Die politische Architektur deutscher Parlamente, Wiesbaden 2020, 455-470
Gesellschaften
der Hütten (Sociétés à maisons), in: K.
Krauthausen, R. Ladewig (Hg.), Modell Hütte, Zürich 2021, 103-128
Umsiedlungslager und Umsiedlungen: Militärische und
missionarische Kolonisierung (Algerien und Peru/Ecuador), in: Annett
Bochmann, Felicitas von Schweikerstal (Hg.), Institution Lager. Theorie, globale Fallstudien und Komparabilität, Frankfurt/M. 2023
(mit Stefan Maneval) Architectural Modes of Collective Identity: The Case of
Hizbullah's 'Mleeta Tourist Landmark of the Resistance' in South
Lebanon, in: Farhan Kahim/Patricia Blessing (eds.), Boundaries, Flows, and the Construction of Muslim Selves through Architecture, London 2023
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